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Unter Berufung auf die Datenschutzgrundverordnung haben Spiegel Online und heise online zufolge einige Schulen Fotografierverbote für die Einschulungsfeiern erlassen. Auch von Kitas wird berichtet, dass diese auf Empfehlung ihrer betrieblichen Datenschutzbeauftragten zunehmend generelle Fotografierverbote in ihren Räumen verhängen. Verlangt der Datenschutz tatsächlich solche Maßnahmen von den Einrichtungen?

Das Datenschutzrecht sieht jede Form der (digitalen) Datenverarbeitung als gefährlich und rechtfertigungsbedürftig an. Hierzu zählt auch schon das Anfertigen digitaler Fotos. Anders als, beispielsweise beim Kunsturhebergesetz, beginnt der Schutz durch das Datenschutzrecht bereits beim Anfertigen der Fotografien und nicht erst bei einer Veröffentlichung beispielsweise im Internet. Einige Datenschutzbehörden der Länder gehen deshalb sogar davon aus, dass die Regelungen des Kunsturhebergesetzes seit Erlass der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) keine Anwendung mehr findet (so beispielsweise Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht, 8. Tätigkeitsbericht des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht für die Jahre 2017 und 2018, S. 56).

Geht es aber nicht ein wenig zu weit, wenn Eltern ein Fotografierverbot für einen wichtigen Moment im Leben ihres Kindes auferlegt wird? Hier kommen zwei Aspekte zum Tragen: Zum einen handelt es sich bei Schulen in der Regel um Verwaltungsbehörden. Zum anderen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Rechtsprechung den Kreis der datenschutzrechtlichen Verantwortlichen denkbar weit gezogen (EuGH, Urteil vom 05.06.2018, C-210/16Facebook-Fanpage; EuGH, Urteil vom 10.07.2018, C-25/17, Jehovan todistajat).

Den Schulen fehlt es als Verwaltungsbehörden an einer (ausdrücklichen) gesetzlichen Regelung zum Anfertigen von Bildern durch Dritte in ihren Räumen. Das heißt, es läuft im Wesentlichen auf eine Auslegung von Generalklauseln hinaus. Über deren Anwendbarkeit und Reichweite kann man aber trefflich streiten. Zugleich müssen die Schulen (und Kindergärten) auf Basis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes aber damit rechnen, als Verantwortliche im Sinne des Datenschutzrechts von den Datenschutzbehörden zur Verantwortung gezogen zu werden, nur weil sie die Datenerhebung (das Fotografieren) in ihren Räumen dulden. Die Möglichkeit, das Anfertigen von Fotografien über eine Einwilligung aller Beteiligen zu ermöglichen, würde gerade bei großen Veranstaltungen für Schulen einen faktisch nicht zu leistenden bürokratischen Aufwand bedeuten. Möchte man sich als Schule sowohl rechtssicher bewegen als auch den Verwaltungsaufwand gering halten, dann ist der einfachste Weg leider ein Fotgrafierverbot.

Ein Fotografierverbot an Schulen ist nach dem Gesagten nicht zwingend, aber der einfachste Weg für Schulleiter und Schulämter, um den Unwägbarkeiten des Datenschutzrechts aus dem Weg zu gehen. Nicht so restriktive Auslegungen müssen auch von der Schulaufsicht und den Vorgesetzten mitgetragen werden. Bei den Fotoverboten hat man meines Erachtens einen Fall, vor dem der Hamburgische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in seinem Jahresbericht 2018 ausdrücklich warnt: „Der größte Feind des Datenschutzes ist dessen Überbürokratisierung" (Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, 27. Tätigkeitsbericht Datenschutz des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, S. 19 f.) Etwas das mit Blick auf globale Internetkonzerne und große Organisationen durchaus als berechtigte Regelung gelten kann, produziert im kleinen zu häufig kaum nachvollziehbare Ergebnisse.

Ein generelles Fotografierverbot erscheint zudem unverhältnismäßig. Nur weil man einem Teil der Eltern den verantwortungsvollen Umgang mit den angefertigten Bildern (Stichwort: Veröffentlichung im Internet) nicht zutraut, gleichsam ein präventives Verbot zu verhängen, ist unangemessen.

Für Kitas gilt entsprechendes. Zwar entfallen sind Kitas in der Regel keine staatlichen Einrichtungen und damit nicht vom Gesetzesvorbehalt der Verwaltung betroffen, aber die Gefahr, für das Verhalten fotografierender Eltern datenschutzrechtlich mit zur Verantwortung gezogen zu werden, besteht in gleichem Maße. Ob die EuGH-Rechtsprechung zur datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit tatsächlich auf das Verhältnis Schule/Kita-Eltern eins-zu-eins übertragbar ist, das bleibt abzuwarten. Derzeit gehen jedenfalls einige (Datenschutz-)Behörden davon aus.